Das war sicherlich ein Highlight der Rad-Saison 2015. Zwar sind wir erst am Anfang des Sommers und es stehen noch einige Touren auf dem Plan… aber in den letzten 4 Wochen war unser Haupt-Thema: „… und demnächst ist Alb-Extrem.“ Ehrlich: die Nervosität stieg, je mehr „Geschichten“ man über diesen Klassiker gehört hat. Aber zuerst …

… wir haben dieses Jahr SEHR viel trainiert, und konzentriert auf den Alb-Extrem hingearbeitet. Zuerst das Trainings-Lager auf Mallorca, dort haben wir mit 56 Stunden Trainingszeit, auf 14 Touren mit 1445km und 16.500 Höhenmeter die notwendigen Grundlagen gelegt. Leider kamen uns schon auf Mallorca und später im Mai immer wieder Erkältungen in den Weg. Trotzdem haben wir im Mai und Juni praktisch jedes Wochenende genutzt um die Fitness auszubauen. Dabei haben wir unser Trainingsrevier für 6 große Touren mit über 130km bis 170km und 1500-1950 Höhenmetern ausgenutzt. Am Wochenende vorher eine Neu-Auflage des Berg-Trainings von 2014, diesmal mit 6 statt 5 Anstiegen und mit 130km/1950Höhenmeiter (hier die Route bei GPSies).

Damit waren wir doch gut vorbereitet, oder? Um es mit den Worten von Radio Jerewan zu sagen: „Ja. Aber …“, Alb-Extrem war … extrem.

Nachdem keiner von uns (in letzter Zeit) in Ottenbach gestartet war, haben wir uns am Samstag die Startunterlagen abgeholt und uns einen Treffpunkt ausgedacht, damit wir uns am Sonntag früh bei 3500 Startern auch wirklich treffen und nicht verfehlen. Das war eine sehr gute Idee! Die Einen sind dann wieder heimgefahren um im richtigen Bett zu schlafen (dafür um halb vier aufzustehen), Ralf und Herbert haben im Zelt übernachtet und die frische Luft genutzt. Nach dem Gewitter-Schauer mit Hagel in Ottenbach am frühen Nachmittag, hat der Camping-Platz uns aber mit einer tollen Aussicht verwöhnt… das macht Laune auf den nächsten Morgen.

Alb-Extrem 2015 - Camping in Ottenbach

Alb-Extrem 2015 – Camping in Ottenbach

Pünktlich um 5:45 haben wir uns in Ottenbach an einer Kreuzung getroffen um in Richtung Start loszufahren. Ein „Vorher-Bild“ gibt es auch noch…

Alb-Extrem 2015, Vor dem Start... Herbert, Wolfgang, Tobias, Stefan, Siggi, Brigitte, Hartmut und Ralf

Alb-Extrem 2015, Vor dem Start… Herbert, Wolfgang, Tobias, Stefan, Siggi, Brigitte, Hartmut und Ralf

Aufgrund der Anzahl der Teilnehmer gab es 2 Startpunkte, wir hatten uns für Start B entschieden. Dort hat sich eine (kleine) Schlange gebildet, wo Helfer die Armbänder für die Verpflegung ausgeteilt haben. Das ging flott, die Wartezeit war recht kurz, und wir sind gegen 6:05 offiziell gestartet. Die Prozedur hatte auch den Vorteil, dass sich das Starter-Feld auseinandergezogen hat, da nämlich der Start quasi direkt in den ersten Berg hinein ging. Was für ein Chaos, wenn das ein „Massenstart“ wäre. Gut organisiert!

Als wären die Strecken-Daten nicht schon Anspruch genug: 240km und 4000 Höhenmeter. Aber was sagt das schon? Der erste Anstieg, noch mit kalten Oberschenkeln, zeigt gleich, was da noch auf uns zukommt: 4 absolute Hammer-Anstiege mit 18-20% Steigung hatten die Veranstalter für uns vorgesehen. Einer davon hat es in die Göppinger Kreisnachrichten von heute geschafft: Mörderischster Anstieg beim Radmarathon Alb Extrem sorgt für Diskussionen. Im Artikel steht, 40% hätten hier geschoben. Das dürfte nicht ganz stimmen. Ich denke es haben eher 60-80% geschoben. Die Hälfte aus unserer Gruppe hat ihn gepackt, die andere Hälfte (ja, ich auch) hat ein Stück geschoben.

Zwei dieser giften Anstiege mit 15-20% gab es auf den ersten 70 Kilometern. Aber nicht nur die 2 giftigen, sondern auch noch die „normalen“ Anstiege haben zwischen 8-15% Steigung. Das ist der eigentliche Anspruch des Alb-Extrem, die Steigungs-Prozente. Auf dem Höhenprofil kann man ca. 20-24 Anstiege zählen, davon hat ca. die Hälfte zwischendurch Steigungen von 12% und mehr. Es ist extrem wichtig sich hier die Kräfte einzuteilen. Wenn die „Körner weg sind“ und die Oberschenkel zu machen, dann geht irgendwann nichts mehr. Vorweg: das haben wir ganz gut hin bekommen.

Alb Extrem 2015 - Höhenprofil

Alb Extrem 2015 – Höhenprofil

Im Mittelteil so zwischen Kilometer 70 und Kilometer 170 lies die Strecke dann einen gewissen „Flow“ aufkommen. Zwar gab es selbstverständlich ein ständiges Auf-und-Ab, aber die Steigungen sind in diesem Bereich mit 5-10% eher locker pedalierend zu fahren (sozusagen „Rollerberge“, für die Insider 🙂 ). Und immer wieder gibt es auch sanfte Abfahrten sowie flache Stellen, an denen wir in unserer Gruppe oder auch mit anderen Gruppen im Windschatten fahren konnten. So konnten wir unseren Durchschnitt, der am Anfang auf weniger als 24 km/h abgefallen war, zunächst wieder steigern, und auch körperlich etwas erholen.

Dazu zwischendurch: was den Alb-Extrem ebenfalls auszeichnet sind Organisation und Verpflegung. Auch wenn an den ersten beiden Verpflegungsstellen extrem viel los war, eine Wartezeit gab es praktisch nicht. Getränke waren auf Firmenhöfen etc. auf einer großen Fläche verteilt aufgestellt, man konnte sich selbst bedienen. An mehreren Ständen gab es von Bananen über Käse-/Wurst-Brötchen, Hefezopf, bis hin zu Energie-Riegeln so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Die Kontrollen waren über Einweg-Transponder geregelt, die automatische Erfassung ersetzt die Stempel-Karte… was bei 3500 Teilnehmern wohl nicht mehr funktionieren würde.

Alb Extrem 2015 - erste Verpflegungsstelle

Alb Extrem 2015 – erste Verpflegungsstelle

Wieder zur Tour: schon bei der Kontrolle bei Kilometer 170 gab es die ersten Gerüchte… „da kommt noch was“. Das bedeutet: nochmal ein 20-Prozenter. Um dann kurz hinunter zu rasen und danach mit dem „Hexensattel“ gleich noch einen 18-Prozenter dran zu hängen. Und das bei Kilometer 180-190, Dankeschön. Danach ein paar „normale“ Anstiege mit bis zu 15% bis zur letzten Verpflegung bei Kilometer 220. Auf die Frage, was denn jetzt noch kommt: „Nun, der kleine gleich aus dem Ort raus, und dann noch ein letzter kurz vor Ottenbach“. Also kein Problem.

Witzig: auf dem „kleinen aus dem Ort raus“, hörte ich hinter mir, wie irgend ein Motor-Gefährt kurz vor dem Abwürgen ist. Ich wunderte mich, was das denn ist. Umdrehen konnte ich mich gerade nicht, ich musste mich bei 15% an der „kleinen Steigung“ auf den runden Tritt konzentrieren, um meine 5-6 km/h Mindestgeschwindigkeit nicht zu unterschreiten, damit ich nicht umfalle. Als mich das Gefährt (und weitere 5) weiter oben dann überholt hat: das waren Oldtimer, aus den Anfängen der motorisierten Zeit (geschätzt Baujahre zwischen 1920 und 1950), die mit diesem  Anstieg so ihre Mühe hatten. Wir haben es aber alle, Radler und Oldtimer, nach oben geschafft.

Zum letzten Anstieg, ach ja, 12% gehen immer. Was hier gefehlt hat, ist das nette Schild, welches ich auf der Web-Site des Veranstalters von den Vorjahren gesehen habe:

Col de Birkhof - 12% - Gib Alles! - Letzter Anstieg

Col de Birkhof – 12% – Gib Alles! – Letzter Anstieg

Womit wir beim Fazit wären: Eine tolle Veranstaltung. Eine der härtesten, die für einen „Breitensportler“ in Frage kommt. Wem die 240km/4000Hm noch nicht ganz reichen, es gibt auch noch die 300km/5400Hm Variante. Das Wetter hat uns verwöhnt, bessere Bedingungen kann es für einen Rad-Marathon gar nicht geben. Die Organisation war SUPER – ein großes Dankeschön, Lob und auch Gratulation an die Veranstalter und die 400 Helfer, die für einen reibungslosen Ablauf gesorgt haben!

Und wir? Um es mit Brigittes Worten zu sagen: „Schmerz geht – Stolz bleibt!“. Ich glaube heute hatten wir alle einen Anflug von Muskel-Kater. Ich kann das bestätigen … aber bis Donnerstag zum nächsten Rad-Treff ist alles wieder heil. Und Stolz bin ich jetzt schon… das haben sich alle anderen Teilnehmer absolut verdient.

Ein Hinterher-Bild kann ich leider nicht anbieten. Ich habe schlicht nicht dran gedacht… wir waren dazu wohl zu müde.

Nächstes Jahr? Mal sehen … warum eigentlich nicht  Alb-Extrem 2016?

Dieses Jahr ist noch nicht vorbei … Magstadt am 16. August kommt noch und mal sehen, vielleicht schaffen wir noch eine Tour in den Bergen zu organisieren. 🙂

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Herbert

RSG Mitglied, Radtreff Organisator und Website-Admin bei RSG-Böblingen
Schwabe in den Besten Jahren 🙂
4 Kommentare
  1. Siggi Vollmuth
    Siggi Vollmuth sagte:

    Tja, es war wirklich mehr als ein AOK-Radsonntag. Aber stolz können wir alle sein. Ich bin guter Dinge für Magstadt.

  2. Stefan Gutmann
    Stefan Gutmann sagte:

    Wolfgang und ich sind ja „nur“ die 190 km-Tour gefahren und keiner von uns wäre beim Abzweig auf die 240 km auf die Idee gekommen, noch 50 km dran zu hängen! Deshalb großes Lob von mir für die tapferen Marathonis! Deine Beschreibung deckt sich mit meinen Erlebnissen. Alles in Allem eine wunderschöne Tour zum Genießen, aber auch zum Ausloten der persönlichen Leidensfähigkeit. Doch wie immer siegt am Ende das gute Gefühl, mal wieder die Leistungsgrenzen ein wenig nach oben verschoben zu haben. Ohne die hervorragenden Trainingseinheiten mit Herbert, Siggi und Jürgen wäre so eine Tour nicht zu schaffen gewesen. Dafür herzlichen Dank, auch wenn es viel Schweiß gekostet hat!
    Stefan

  3. Wolfgang Liebl
    Wolfgang Liebl sagte:

    Hallo RSG Radler,

    vielen Dank für den tollen Artikel!
    Ich hab beim Lesen Gänsehaut bekommen und mich so gerfreut, daß mir Pipi in den Augen stand.
    Wir werden unser Bestes geben damit auch 2016 die Alb-Extrem – extrem schön wird!

    Gruß aus Ottenbach
    Wolfgang Liebl
    Alb-Extrem Streckenchef

  4. Martin
    Martin sagte:

    Da habt ihr „sauber was geleistet“! Ich gratuliere allen Alb-Extrem-2015-Finishern aus eurem Rad-Team! Ich bin selber vor Jahren den Alb Extrem gefahren. Eine tolle, sehr gut organisierte und wahrhaftig sehr anstrengende Veranstaltung. Damals war das allerdings noch ohne den verrückten Hornberg. Aber die Erinnerung an die bleichen, erschöpften Gesichter am „Hexensattel“ ist mir unvergesslich geblieben.

    Viele Grüße
    Martin

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